Rührreibschweißen: Grenzebach erweitert Anlagenportfolio

13.09.2017 - Höhere Dynamik, höhere Schweißgeschwindigkeiten, geringere Prozesskräfte und nochmals bessere Naht- und Nahtoberflächengüte: Auf der Messe Schweißen und Schneiden in Düsseldorf bietet Grenzebach dem Fachpublikum gleich zwei Premieren zur innovativen Fügetechnologie Rührreibschweißen (FSW, Friction Stir Welding). Die neuen 4-Achs-FSW-Maschinen DSM1400 & DSM2400 und die DynaSTIR FSW-Schweißkopfgeneration werden vorgestellt (25. bis 29. September, Halle 9, Stand 9B73).

Die Automobilindustrie als Treiber für neue Fügetechnologien

Wandel vom Verbrennungsmotor zu alternativen Antrieben wie Hybrid-und Elektroantrieb: Dadurch geht im Automobilbau auch der Trend zum Leichtbau ungebremst weiter. Bei der Entwicklung gewichtsoptimierter Fahrzeugkonzepte kommen zunehmend Hybridstrukturen und Leichtbauwerkstoffe wie Aluminium und dessen Legierungen zum Einsatz. Neue Fügeverfahren sowie Maschinen- und Anlagenkonzepte sind gefragter denn je. „Anhand der Anfragen aus dem Markt erkennen wir einen klaren Trend zum Werkstoff Aluminium. Dabei können wir mit unserer Technologie optimal unterstützen, denn insbesondere beim Fügen von Aluminium und von Mischverbindungen zeigt das Rührreibschweißverfahren seine Stärken“, sagt Michael Sieren, Sales Director Friction Stir Welding bei Grenzebach. Konkrete Anwendungen im Automobilbereich sind das Fügen von Batteriegehäusen und -wannen, Powertrain-Komponenten sowie Wärmetauschern zur Kühlung von Elektronikkomponenten. Automotive bedeutet hohes Produktionsvolumen, kurze Zykluszeiten sind gefragt. Anlagentechnik und Fügeprozesse müssen dynamisch, schnell und prozesssicher sein. Anforderungen, auf die der FSW-Spezialist Grenzebach im Rahmen der Entwicklung der FSW-Maschine und der neuen Schweißkopfgeneration besonders Wert gelegt hat.

Rührreibschweißen - Gerührt, nicht geschmolzen

Beim Rührreibschweißverfahren erzeugt ein rotierender, verschleißfester Reibstift Reibungswärme an der Nahtstelle. Das Material wird plastisch verformbar und entlang der Nahtstelle durch den Reibstift verrührt - ohne dabei den Schmelzpunkt der Werkstoffe zu erreichen. Über die Werkzeugschulter wird das plastifizierte Material verdichtet, und es entsteht eine feste, medien- und druckdichte Verbindung zwischen den Werkstücken.

Im Vergleich zu konventionellen Schmelzschweißverfahren, wie zum Beispiel dem Lichtbogenschweißen, werden beim Rührreibschweißen weder Schweißdraht noch Schutzgas oder aufwändige Abluftsysteme benötigt. Des Weiteren ist die Anwendung vibrations-, geräusch- und emissionsarm und erzeugt keine optische Strahlung.  

Mit innovativer Anlagentechnik zum perfekten Schweißergebnis

Die kompakte 4-Achs-Maschine wurde speziell für die FSW-Prozessanforderungen entwickelt. Im Vordergrund der Maschinenentwicklung standen eine dynamische und präzise Prozessführung sowie ein intuitives Steuerungs- und Bedienkonzept.

Das HYDROPOL® Maschinenbett wurde speziell für sehr hohe statische Steifigkeiten, niedrige dynamische Nachgiebigkeit und Verformung ausgelegt und trägt wesentlich zur präzisen Prozessführung bei. Auch bei hohen Schweißgeschwindigkeiten von bis zu 3 m/min können so Genauigkeiten von +/- 0,1 mm über alle Achsen erzielt werden. Die FSW-Maschine ist verfügbar in zwei Varianten, die sich in der Größe des verfügbaren Arbeitsraumes unterscheiden:

  • 1.400mm x 1.000mm x 400mm (DSM1400)
  • 1.400mm x 2.400mm x 400mm (DSM2400)

Einen wesentlichen Beitrag zur Dynamik des Portalsystems leistet eine integrierte C-Achse, die eine Drehung des Schweißkopfes um bis zu 720° (+/-360°) ermöglicht. Komplexe Bahnverläufe mit engen Radien, wie sie bei Wärmetauschern oftmals vorzufinden sind, können so deutlich dynamischer und schneller geschweißt werden.

Ebenso wichtig wie Dynamik und Schweißgeschwindigkeit sind im Hinblick auf die Zykluszeit die schnelle Be- und Entladung der Maschinen. Die neue Maschinengeneration ist modular aufgebaut und um verschiedene Bauteilzuführsysteme erweiterbar, die ein hauptzeitparalleles Be- und Entladen ermöglichen. Die Be- und Entladung der Werkstücke kann sowohl manuell durch den Anlagenbediener als auch vollautomatisiert erfolgen. Falls schwere Baugruppen oder Vorrichtungen manuell in und aus der Maschine bewegt werden müssen, ist dies komfortabel über den Hallenkran möglich. Die Anlage ist nach oben hin geöffnet, und die Schutztür an der Maschinenvorderseite ist ausreichend groß, um die Zugänglichkeit zum gesamten Arbeitsbereich des Portals zu gewährleisten.

Neben dem Stand-Alone-Betrieb sind die Maschinen DSM1400 & DSM2400 ebenso für die Integration in einen 24/7-Produktionslinien-Verbund geeignet. „Wir fügen unsere Technologie direkt in die Automatisierungs-Lösung beim Kunden ein – dabei gilt: Alles aus einer Hand. Werkstückbeschickung und -entnahme werden maßgeschneidert für das Produktionsmodell vor Ort“, sagt Ulrich Rettenmeier, Senior Manager R&D / FSW Projects.

Schweißkopf, Werkzeug und Maschine perfekt aufeinander abgestimmt

Entscheidend für die Schweißnaht und Oberflächenqualität ist die Regelung der Prozesskenngrößen, allen voran der Anpresskraft, welche über die Sensorik des Schweißkopfes hochdynamisch an die Maschinen- und Prozesssteuerung rückgemeldet wird und mit den einzelnen Achsen der Führungsmaschine den Kraftregelkreis darstellt. Bei der Entwicklung der neuen DynaSTIR Schweißkopfgeneration wurde daher besonderes Augenmerk auf die Optimierung des Kraftmess- und Regelungsprinzips gelegt. Anpresskräfte werden nun noch genauer und näher am Reibwerkzeug gemessen und geregelt.

Im Hinblick auf das Reibwerkzeug kommen bei Grenzebach moderne, mehrteilige Reibwerkzeuge auf Basis einer stehenden Schulter zum Einsatz. Reibstift- und Schulterparameter können separat parametriert und dadurch Rühr- und Verdichtungsvorgänge unabhängig voneinander justiert werden. Ein großer Vorteil, denn die erforderlichen Anpresskräfte können auf diese Weise deutlich reduziert werden, was den Einsatz des Verfahrens auch für Leichtbaukonstruktionen mit sehr dünnen Materialstärken ermöglicht. „Wir passen Reibstift- und Schulterwerkstoffe ebenso wie die Werkzeuggeometrie für die jeweilige Kundenapplikation individuell an, um die bestmögliche Naht- und Nahtoberflächengüte zu erzielen. Aufwändige Nachbearbeitungsschritte wie Entgraten entfallen. Der Kunde spart Prozessschritte – und damit bares Geld“, erläutert Michael Sieren.

Eine gänzlich neue Funktionalität der DynaSTIR Werkzeug- und Schweißkopfgeneration stellt die Möglichkeit der variablen Einstellung der Einschweißtiefe während des Schweißprozesses dar. Durch diese Funktion können mit einem Werkzeugtyp unterschiedliche Einschweißtiefen am Bauteil realisiert werden, ohne dass ein Werkzeugwechsel vorgenommen werden muss. Darüber hinaus kann das für den Rührreibschweißprozess typische Endloch (Negativ des Reibstiftes) am Nahtende fast gänzlich vermieden werden. Ein großer Vorteil, denn somit muss bei Bauteilen wie beispielsweise Wärmetauschern, die medien- und druckdicht geschweißt werden müssen, auf die Positionierung des Nahtendes keine Rücksicht mehr genommen werden.

Maschinen- und Prozesssteuerung

Als Partner für die Entwicklung der Maschinensteuerung hat Grenzebach die Firma Bosch Rexroth ausgewählt, die auf langjährige Erfahrung mit Steuerungen von CNC-Maschinen zurückgreift. Als Steuerungsplattform kommt bei den Grenzebach FSW Maschinen die bewährte Bosch Rexroth IndraMotion MTX zum Einsatz. „Wir haben mit Bosch Rexroth einen kompetenten Partner für die Entwicklung der Maschinensteuerung gefunden. Mit unserem Steuerungskonzept kombinieren wir bewährte CNC-Steuerungstechnik mit einer innovativen Prozesssteuerung“, so Michael Sieren.

Programmierung leicht gemacht


Die Programmierung der Anlage erfolgt über eine speziell für den Rührreibschweißprozess entwickelte CAD/CAM Programmiersoftware. Neben der Festlegung der Schweißbahn und der FSW–Prozessparameter kann auch die Programmierung der Ansteuerung von Spannvorrichtungen/Spannelementen bereits in der CAD/CAM Umgebung vorgenommen werden. Dabei erfolgt die Programmierung offline an einem separaten PC, ohne dabei die Anlage zu blockieren. Das fertige Schweißprogramm kann im Anschluss über USB oder Netzwerkverbindung bequem auf die Anlage gespielt werden.

Fit für morgen und übermorgen

Grenzebach Anlagen sind bereits heute auf die Prozessdigitalisierung und Analytik uneingeschränkt ausgelegt. Entscheidend für die Schweißnahtqualität sind die Erfassung, Regelung, Speicherung und Analyse aller relevanten Maschinen- und Prozessdaten in Echtzeit auf der Local-Control. „Unsere Maschine bietet eine Open-Data Connectivity zu einer sicheren FOG-Lösung (Grenzebach Application Server). Selbstverständlich sind auch Cloud-Connects uneingeschränkt umsetzbar. Somit sind alle lokalen aber auch globalen Analytikalgorithmen samt Produkthistorie und Traceability einsetzbar“, erläutert Roland Jenning, Head of Innovation.

Mit den 4-Achs-FSW-Maschinen und der neuen Schweißkopf-Generation stellt Grenzebach starke Neuentwicklungen vor: auf der Messe Schweißen und Schneiden in Düsseldorf (25. bis 29. September, Halle 9, Stand 9B73).