Bald in Serie: additiv gefertigte Kunststoffteile für die Automobilindustrie

07.05.2020 - Das Leuchtturmprojekt POLYLINE will additive Fertigungsverfahren für Kunststoffteile in die konventionelle Serienproduktion integrieren. Grenzebach bringt seine Automatisierungsexpertise ein.

Das Leuchtturmprojekt POLYLINE will additive Fertigungsverfahren für Kunststoffteile in die konventionelle Serienproduktion integrieren. Grenzebach bringt seine Automatisierungsexpertise ein.

Bislang sind additive Fertigungsverfahren weitgehend dem Prototypenbau und Kleinserien vorbehalten. Das Projekt POLYLINE soll dies ändern. 15 Industrie- und Forschungspartner bringen ihre Expertise zusammen, um eine digitalisierte Fertigungslinie der nächsten Generation zu entwickeln. Das Projekt widmet sich gezielt der Automatisierung der Additiven Fertigung von Kunststoffbauteilen in der Automobilindustrie. Ziel ist es, konventionelle Fertigungstechniken (z.B. Zerspanen, Gießen, etc.) durch Additive Fertigung zu einer durchsatzstarken Linienproduktion zu ergänzen und damit perspektivisch eine flexiblere Produktion zu ermöglichen.

Das Projekt POLYLINE wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Förderprogramms Photonik Forschung Deutschland mit insgesamt 10,7 Millionen Euro gefördert. Die Projektlaufzeit beträgt drei Jahre.

Bereits seit 2017 arbeiten Grenzebach und EOS in ähnlichen Projekten für Metallbauteile eng zusammen: So wurde zum Beispiel im Innovationsprojekt NextGenAM die Serienfertigung von Qualitätsbauteilen aus Metall via industriellem 3D-Druck mit einer integrierten und automatisierten Prozesskette ermöglicht.

Immenses Potential in der Vernetzung von Fertigungsprozessen

Als Spezialist in der Automatisierung industrieller Prozesse bringt Grenzebach im Projekt seine Expertise zur intelligenten und arbeitssicheren Vernetzung von Fertigungsprozessen ein. Die Herausforderung der Additiven Fertigung liegt in der langen Produktionszeit eines Bauteils im Drucker, während vor- und nachgelagerte Produktionsschritte deutlich kürzere Durchlaufzeiten haben. „Die Synchronisation der einzelnen Produktionsschritte und der Transport zwischen den einzelnen Fertigungsinseln hat im 3D-Druck daher eine immense Bedeutung“ erklärt Oliver Elbert, Head of Business Development und Ansprechpartner für das Projekt POLYLINE bei Grenzebach. „Durch intelligente Vernetzung sorgen wir für optimalen Materialfluss und tragen so maßgeblich zur Wirtschaftlichkeit bei. Wir greifen dabei auf Erfahrungswerte aus 60 Jahren in der Automatisierung industrieller Prozesse sowie unser breites Portfolio an Fahrerlosen Transportsystemen zurück.“ Auch Roboter und Handlingstechnik unterschiedlicher Hersteller kommen zum Einsatz und werden von den Grenzebach Experten nahtlos in das Automatisierungskonzept integriert.

Darüber hinaus ist die gemeinsame Entwicklung industrietauglicher automatisierter Hard- und Softwareschnittstellen zu allen Prozessstationen zentraler Bestandteil des Grenzebach Arbeitspaketes. Denn auch in der Additiven Fertigung sind Daten für spätere Analysen und Auswertungen das verborgene Gold der Produktion.

Ein weiteres Augenmerk liegt auf dem Arbeits- und Gesundheitsschutz. „Eine optimal organisierte Prozesskette in der Additiven Fertigung minimiert eventuelle Gesundheitsrisiken, die beispielsweise durch Feinstaub oder Nano-Partikel auftreten können, für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und entlastet bei ergonomisch ungünstigen Arbeiten“ so Elbert.

POLYLINE soll Additive Fertigung und bestehende Serienfertigung verbinden

Insgesamt widmet sich das POLYLINE Projekt der Integration einer ganzheitlichen additiven Prozesskette in bestehende Serienfertigungen. Konkret geht es um die Weiterentwicklung des polymerbasierten Laser-Sinterns. Bei diesem Verfahren werden Bauteile auf Basis digitaler Konstruktionsdaten per Laser schichtweise aus einem pulverförmigen Stoff gefertigt (Sintern). Hierin liegt das Potential, komplexe Strukturen und nahezu jede Geometrie ohne wesentlichen Mehraufwand realisieren zu können. Bis dato kann dieses jedoch nur in Einzelprozessen genutzt werden. Für bislang vorhandene Hürden sollen im Forschungsprojekt Lösungen gefunden werden; zum Beispiel für die langen Produktionszeiten einzelner Fertigungsschritte und den allgemein niedrigen Automatisierungsgrad der physischen Handling- und Transportprozesse. Daraus entstehende Problematiken wie die komplexe Synchronisierung von Einzelprozessen und hohe manuelle Aufwände sollen dann bald der Vergangenheit angehören. Im Projekt beschränkt sich das Konsortium jedoch nicht nur auf eine automatisierte Prozesskette, sondern setzt sich auch mit einer digitalen und durchgängigen Datenkette entlang des gesamten Produktionsprozesses auseinander. So sollen die Fehleranfälligkeit reduziert, Prozesse transparenter und ein Monitoring samt Einbindung in relevante Produktionssteuerungen möglich werden.

Von flexibler Lösung für den Prototypenbau zur skalierbaren additiven Produktionskette

Um das Projektziel zu erreichen, wird im Projekt ein digitaler und physischer Systemdurchstich angestrebt. Das bedeutet, dass vom CAD-Modell bis zum fertigen Bauteil alle zentralen Kennwerte und Qualitätskriterien (inkl. Kennzeichnung, Historie und Messwerten) erfasst und dokumentiert werden. Die einzelnen Teilprozesse der Fertigung – von der Prozessvorbereitung über den Selektiven-Laser-Sinter-Prozess, das Abkühlen und Auspacken sowie die Reinigung und Nachbearbeitung der Teile – werden automatisiert und in die geplante Fertigungslinie eingebracht. Alle Gewerke einer Selektiven-Laser-Sinter-Fertigungskette werden erstmalig vollumfänglich verknüpft.

POLYLINE nutzt dafür einen neuen Lösungsansatz, der alle benötigten Prozesse ganzheitlich betrachtet und implementiert. Mit dem Erfolg des Projektes soll die gesamte Prozesskette nicht nur automatisiert ablaufen, sondern auch die gesamte Wertschöpfungskette digital erfasst und überwacht werden. Die angestrebte Fertigungslinie soll dabei für und entsprechend der Anforderungen des Anwendungspartners möglichst ausgereift umgesetzt werden.

Wenn alles klappt wird die Produktion der Autos der Zukunft trotz komplexer Bauteile hoch flexibel sein, weil personalisierte Komponenten und Serienbauteile in großen Stückzahlen mit Additiven Fertigungsverfahren hergestellt werden können.

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